Projektausschuss.
Der Projektausschuss erweitert die für das Projekt und das
Projektmanagement erforderliche Macht bzw. den erforderlichen
Einfluss des Projektauftraggebers.
Auch wenn ein Projektausschuss gebildet ist, berichtet der
Projektleiter ausschließlich dem Projektauftraggeber bzw. informiert
den Projektausschuss nur in seinem Auftrag: Die Hierarchie
"Projektauftraggeber - Projektleiter" wird also durch einen
Projektausschuss weder aufgehoben noch erhöht oder erweitert.
Ein Projektausschuss sollte gebildet werden, wenn z.B.
- das Projekt den Zuständigkeitsbereich des
Projektauftraggebers erheblich überschreitet,
- der Projektauftraggeber nicht in der Lage ist, alle für das
Projekt erforderlichen Entscheidungen alleine zu treffen,
- das Projekt wesentliche Änderungen und Veränderungen bei
benachbarten oder übergeordneten Funktionen oder Bereichen mit
sich bringt, die von diesen mitgetragen und mitgestaltet werden
müssen,
- das Projekt von wesentlichen Beiträgen Dritter auf der
gleichen oder höheren Hierarchieebene abhängig ist,
- benachbarte, gleichrangige oder höhere Hierarchien andere
Interessen als das Projekt verfolgen,
- Entscheidungskonflikte auf der gleichen oder mit der höheren
Hierarchieebene zu erwarten bzw. zumindest nicht auszuschließen
sind,
- das Projekt nicht auf den Verantwortungsbereich des
Projektauftraggebers beschränkt werden kann, soll, muss oder
darf,
- die notwendigen Auseinandersetzungen über die vom Projekt
ausgelösten Neuorientierungen auf der gleichen oder mit der
höheren Hierarchieebene ausgelöst und ausgetragen werden sollen,
- das Projekt ein Projekt von mehreren Beteiligten auf der
gleichen Hierarchieebene ist, wobei die Federführung einem der
Beteiligten als Projektauftraggeber übertragen wurde,
- ein gemeinsames und einheitliches Auftreten und ein
Zusammenhalt nach außen von Personen und Organisationen auf der
gleichen Hierarchiestufe erforderlich ist und über das Projekt
nach außen "mit einer Zunge" besprochen wird.
Dem Projektausschuss sollten nur Personen angehören, die z.B.
- die Vollmachten des Projektauftraggebers so ergänzen und
stärken, dass dessen Entscheidungen über das Projekt und das
Projektmanagement auch von jenen Personen und Organisationen
erfüllt werden, die nicht zum formalen Zuständigkeitsbereich des
Projektauftraggebers gehören,
- das Projekt unabhängig vom Projektleiter wesentlich
beeinflussen, gestalten, mittragen oder zum Projekterfolg
wesentlich beitragen müssen,
- dem Projektauftraggeber bezüglich des Projekts und dem
Projektmanagement Weisungen erteilen dürfen, sollen, wollen oder
müssen.
Durch den Projektausschuss wird dem Projekt also die notwendige
Macht und der notwendige Einfluss gesichert, um das Projekt
erfolgreich machen zu können, indem es von allen beteiligten
mächtigen Personen bzw. den Stellvertretern der mächtigen
Organisationen mitgetragen und durchgesetzt werden kann bzw. auch
wird.
Nicht in den Projektausschuss berufen werden sollten z.B.
- Personen bzw. Stellvertreter von Organisationseinheiten oder
von Organisationen, die keine Verantwortung für operative
Ergebnisse haben. Das sind in der Regel alle Stabsfunktionen wie
Personal, Recht, Controlling, Rechnungswesen, Marketing,
Öffentlichkeitsarbeit.
- Personen bzw. Stellvertreter von Organisationseinheiten oder
von Organisationen, deren Wohlwollen für das Projekt besonders
wichtig erscheint, ohne dass die betreffenden Personen oder
Organisationen tatsächlich über das Wohlwollen hinaus wesentlich
zum Projekt oder zum Projektmanagement beitragen können, sollen,
wollen oder dürfen.
- Personen bzw. Stellvertreter von Organisationseinheiten oder
von Organisationen oder Interessensgruppen von hoher
Betroffenheit, die jedoch zum Projekt oder zum Projektmanagement
nichts wesentliches beitragen können, wie z.B. häufig die
Personalvertretung, der Betriebsrat, Anrainer, Umweltschützer.
- Personen bzw. Stellvertreter von Organisationen oder von
Organisationen oder Interessensgruppen mit hohem Ansehen und
hoher Ausstrahlungskraft, die jedoch zu den Entscheidungen über
das Projekt und das Projektmanagement nicht wirklich etwas
beitragen können, wollen, sollen oder über wohlwollende
Ratschläge hinaus auch dürfen. Für die Autoritätsleihe dieser
Art sind die Strukturen "Projektsponsoren" oder "Projektbeitrat"
geeignet.
Soll wegen der öffentlichen Bedeutung eines Projekts ein
Ausschuss für Schlüsselpersonen gebildet werden, ist die geeignete
Strukturform der "Projektbeirat", der dann einen gefälligen Titel
erhalten sollte und kann, der die Bedeutung des Ausschusses
unterstreicht, ohne jedoch mit einem Projektausschuss verwechselt
werden zu können.
Der Projektausschuss wird in der Regel vom Projektauftraggeber
einberufen und von ihm auch geleitet. Der Projektausschuss
unterstützt den Projektauftraggeber bei seinen Entscheidungen über
- Freigabe des gesamten Projekts,
- Bestellung bzw. Bestallung des Projektmanagements,
- Freigabe von weiteren Meilensteinen,
- wesentliche Projektänderungen,
- wesentliche Änderungen der Projektorganisation,
- Abberufung und Ersetzung des Projektleiters,
- Projektstopp,
- Anerkennung und Akzeptanz der Projektergebnisse,
- Feststellung der Ergebnisse des Projektmanagements,
- Entlastung des Projektmanagements.
In der Regel ist der Projektausschuss VOR den Entscheidungen des
Projektauftraggebers zu hören. Der Projektausschuss kann jedoch im
Vorhinein einen bestimmten Entscheidungsspielraum für den
Projektauftraggeber bestimmen bzw. die von ihm getroffenen
Entscheidungen im Nachhinein genehmigen.
Mahnungen:
Im Alltag des Projektmanagements werden für den Projektausschuss
die kreativsten Bezeichnungen gewählt. Häufig sind z.B.
Lenkungsausschuss, Steuerungsausschuss, Lenkungsteam, Steering
Comitee. Wird ein Projektausschuss nicht "Projektausschuss" genannt,
sind in der Regel sorgfältige Prüfungen erforderlich, ob es sich bei
dem Gremium nicht um einen Projektbeirat oder um eine
Personenmehrheit von Projektsponsoren handelt, die eine Funktion
einen Projektausschusses gar nicht wahrnehmen können, wollen oder
sollen.
Besonders kritisch sich Vermischungen von Projektausschuss und
Projektbeirat. Selbst wenn es sich um die gleichen Personen handelt,
sollten die Gremien strikt getrennt werden um sicherzustellen, dass
die unterschiedlichen Verantwortungen durch die Personen auch
separat betrachtet und gestaltet werden (können).